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Markt und Staat

Ein Wirtschaftssystem ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Markt und Staat. Der Staat setzt die Spielregeln (den Ordnungsrahmen), er sichert die Eigentumsrechte von Bürgern und Unternehmen und er sorgt für einen gewissen sozialen Ausgleich. Der Markt ist für die effiziente Nutzung knapper Ressourcen zuständig und damit auch für die bestmögliche Versorgung der Verbraucher mit Waren und Dienstleistungen. Obwohl Märkte in hohem Maße effizient sind, gibt es Konstellationen, in denen Märkte versagen können. Es kommt dann zu unerwünschten gesamtwirtschaftlichen Ergebnissen. In diesen Fällen kann es hilfreich sein, wenn der Staat korrigierend eingreift.

Manche Länder – vor allem die angelsächsischen – setzen stärker auf den Markt. In Europa, insbesondere in den südeuropäischen Ländern, spielt der Staat eine größere Rolle, auch weil das europäische Sozialstaatsmodell stärker auf Einkommensumverteilung setzt. Die größere Rolle des Staates kommt in der sogenannten Staatsquote zum Ausdruck (s. Abbildung). Sie gibt an, wie hoch der Anteil der Staatsausgaben an der jährlichen Wirtschaftsleistung eines Landes (BIP) ist.

Ein Wirtschaftssystem ist in der Praxis das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von Wirtschaft, Politik und Regulierungsbehörden. Wirtschaftliche Fehlentwicklungen lassen sich deshalb nicht a priori dem Markt zuordnen. Unerwünschte Ergebnisse können auch auf politische Eingriffe in die Marktprozesse oder auf fehlerhafte Regulierung zurückzuführen sein. Ein aktuelles Beispiel sind manche Übertreibungen am Immobilienmarkt: In Teilen der Gesellschaft und der Politik gibt es große Sympathien für Mietpreisbremsen und anderen Regulierungen zugunsten der Mieter. Ökonomen weisen hingegen mehrheitlich daraufhin, dass derartige Markteingriffe die Anreize für Investitionen in Immobilien schwächen und dadurch das Angebot an Wohnraum langfristig zurückgeht. Höhere Mieten wären die Folge. Staatliche Eingriffe können das ursprüngliche Problem also noch verschärfen. Die gute Absicht allein führt noch nicht zu einem guten Ergebnis.

Quelle: IWF

Die Aktivitäten des Staates unterliegen – wie viele andere Dinge im Leben – einem abnehmenden Grenznutzen. Die Politik erzielt in bestimmten Bereichen große Wirkung. So waren die Staaten (mit Unterstützung der Notenbanken) die einzig handlungsfähigen Akteure, die schnelle Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie beschließen und umsetzen konnten. Auch in anderen Bereichen können Märkte keine zufriedenstellenden Lösungen anbieten, sodass der Staat gefragt ist, wenn es zum Beispiel darum geht, die innere oder äußere Sicherheit zu gewährleisten. Je mehr sich die Politik aber für Güter und Dienstleistungen zuständig fühlt, die besser vom Markt erbracht werden können, desto größer werden die Ineffizienzen und damit Wohlfahrtsverluste.

Wenn der Markt kritisiert wird, geschieht dies häufig mit Blick auf offensichtliche Fehlentwicklungen. Die vorgetragene Kritik leuchtet dabei vielfach ein, weil sie anhand von konkreten Einzelfällen geschildert wird. Tatsächlich produziert die wirtschaftliche Praxis immer wieder Umstände, die als verbesserungswürdig eingestuft werden müssen. Irreführend wird es dann, wenn die Probleme des Einzelfalls den Blick auf die Vorzüge des Regelfalls verstellen. Dann können staatliche Eingriffe überhand nehmen und Wohlfahrtspotentiale verschwendet werden. Die soziale Marktwirtschaft ist sicher nicht fehlerfrei und sie ist kein optimales Wirtschaftssystem – aber von allen verfügbaren Systemen ist sie das Beste.